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Rechtsbestimmung zum Demonstrieren

Artikel von Rajab Abu Malieh Muhammad
Übersetzt aus dem Arabischen von Ferid Heider
Quelle: islamonline.net 

Das friedliche Demonstrieren: Seine Rechtsbestimmung  und Verhaltensregeln 

Einige zeitgenössische Gelehrte sehen Demonstrationen als eine Bid'a (unerlaubte Erneuerung in der Religion) an, welche aus dem Westen importiert wurde, da sie weder zur Zeit des Propheten - Allahs Segen und Friede auf ihm – noch in den ersten Jahrhunderten der islamischen Geschichte, welche für uns Vorbildfunktion besitzen, in Vorschein traten.
Und jede Bid'a ist ein Irrweg und jeder Irrweg ist in der Hölle. 

Obwohl diese Meinung der fachspezifischen Definition des Begriffes Bid'a widerspricht und somit eigentlich keiner Widerlegung bedarf, gibt es unter den restlichen Gelehrten trotzdem zwei Argumentationsweisen, welche die Legitimität der Demonstrationen islamisch fundiert aufzeigen. 

Bei der ersten Argumentationsweise werden Demonstrationen als Bräuche (adat) und nicht als gottesdienstliche Handlungen (ibadat) angesehen. Das Grundprinzip bei Bräuchen ist die Erlaubnis und Legitimität, solange kein Beleg vorhanden ist, der diese verbietet. Demonstrationen sind demnach lediglich ein Mittel und fallen somit unter die Kategorie der Mittel, welche prinzipiell legitim und erlaubt sind, solange kein anderer Beleg vorhanden ist, der diese verbietet.
Wenn der Zweck dieses Demonstrierens die Offenbarung der Wahrheit, die Ablehnung des Unrechts, das Aufdecken von Verbrechen und die Motivierung von Menschen ist, ihre Zungen, Stifte und Hände je nach Möglichkeit zu nutzen, so ist es empfohlen, wenn nicht sogar in manchen Situationen verpflichtend. Folglich besteht kein Problem darin, dass Muslime sich versammeln und sich an  Demonstrationen beteiligen, um einen bestimmten Sachverhalt zu missbilligen, ihre Ablehnung zu bekunden und um zu fordern, dass diesem  Sachverhalt ein Ende gesetzt wird, sollte das Demonstrieren tauglich und nützlich sein. Für die Legitimation dieses Brauches brauchen wir dementsprechend keine Beweisführung oder islamisch fundierte Argumentation, solange er nicht der Religion widerspricht. 

Bei der  zweiten Argumentationsweise wird davon ausgegangen,  dass es für die Legitimation von Demonstrationen, mit dem Wissen, dass diese Form von Protest  prinzipiell legitim ist, nicht an Belegen in unserem islamischen Erbe fehlt.

Das öffentliche Versammeln für die Gerechtigkeit und gegen die Ungerechtigkeit ist ein fortdauernder legitimer Brauch, den Allah mit folgendem Vers zur Aufzeigung der Missbilligung des Unheils eingeführt hat:   

„Und es soll bei (der Vollstreckung) der Strafe an ihnen ein Teil von den Gläubigen zugegen sein.“ (24:2).

Allah führte das öffentliche Versammeln zur Bekundung von Freude an Festtagen sowie zum Verabschieden von Soldaten bei ihrem Abmarsch durch den Propheten - Allahs Segen und Friede auf ihm – und zum Feiern für sie bei ihrer Rückkehr ein.
Ebenfalls führte er es zum Aufzeigen von Stärke ein, wie es vor der Eroberung von Mekka mit Abu Sufiyan der Fall war, der gezwungen wurde, sich die Stärke der muslimischen Armee anzuschauen und somit davon abgehalten wurde, über einen eventuellen Widerstand gegen die überlegene Macht der Muslime überhaupt erst nachzudenken.
Vor diesem Ereignis schon forderte der Prophet- Allahs Segen und Friede auf ihm – von denjenigen Muslimen, welche die KaÝaba (bei der 'Umra al-Qada' im 7 Jahr nach der Hijra) umkreist haben, dies im Schnellschritt zu tun, um Stärke und den gesunden Zustand ihrer Körper aufzuzeigen.

Allah tadelte auch jene, welche sich nicht gegen das Unrecht wehrten, mit der Begründung, dass sie dazu nicht im Stande seien und akzeptierte ihre Entschuldigungen nicht, sondern warnte sie vor der Strafe im Jenseits: 

„Diejenigen, die die Engel abberufen, während sie sich selbst Unrecht tun, (zu jenen) sagen sie: "Worin habt ihr euch befunden?" Sie sagen: "Wir waren Unterdrückte im Lande." Sie (die Engel) sagen: "War Allahs Erde nicht weit, so dass ihr darauf hättet auswandern können?" Jene aber, - ihr Zufluchtsort wird die Hölle sein, und (wie) böse ist der Ausgang!“ (4:96) 

Auch spricht nichts dagegen, dass solche Demonstrationen von Moscheen wie von jedem  anderen Ort ausgehen, solange die Stellung der Moschee gewahrt wird, die Demonstranten sich an die Verhaltensregeln der Moschee halten und allgemein Moral und gutes Benehmen berücksichtigt werden.  Auch wenn das Recht auf Demonstrieren für alle durch die Legitimierung der Scharia und dem Gesetzestext gewahrt ist, so ist dieses Recht daran gekoppelt, dass dadurch nicht die Rechte anderer verloren gehen.
Bei Demonstrationen darf also nicht anderen Menschen Schaden zugefügt werden oder ihr Geld und Besitztum irgendwelchen Schaden davontragen. Demonstrationen müssen demnach frei von jeglicher materiellen oder moralischen Schädigung anderer sein, somit ohne Schimpfwörter, Verleumdungen oder Schädigungen ablaufen.  Die Sicherheitskräfte sollten deshalb mit den Demonstranten zusammenarbeiten, um die Demonstrationen zu einem Erfolg zu machen und sie in einer zivilisierten Weise auftreten zu lassen, so dass sie mit den Lehren des Islams sowie den islamischen  Bräuchen und Traditionen übereinstimmen. 
Es besteht auch kein Hindernis darin, dass Frauen an Demonstrationen teilnehmen, um die Masse der Muslime zu vergrößern. Denn Frauen sind die ebenbürtigen Schwestern der Männer. Dies natürlich unter der Voraussetzung, dass dabei nicht islamische Verbote missachtet und die Verhaltensregeln bei der Vermischung von Männern und Frauen berücksichtigt werden.

(Anmerkung des Übersetzers: Die meisten zeitgenössischen Gelehrten aller islamischen Bewegungen sind der Ansicht, dass unter Einhaltung der oben genannten Verhaltensregeln Demonstrationen erlaubt sind. Hier nur einige der bekanntesten Namen: Salman al-Auda, Safar al-Hawali, Abdurrahman Abdulkhaliq sowie die großen Vertreter der salafitischen Bewegung in Kuwait, Yusuf Al-Qaradawi, Raschid Rida, Al-Maududi, Az-Zindani) 

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