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Die Abweichung der muslimischen Umma von der richtigen Praktizierung des Islam und die Auswirkungen auf den wirtschaftlich-sozialen Bereich aus Skript "Islamische Geschichte":

Unterschiedliche Verteilung der Güter in einem gewissen Rahmen ist der Motor für Aktivität in der Gesellschaft

In keiner Gesellschaft haben die Mitglieder die gleiche soziale Stellung und genau gleich viel materielle Mittel, zumindest nicht über längere Dauer. Vielmehr hat Allah in allen Gesellschaften den Menschen eine unterschiedliche Versorgung gegeben, damit die Menschen voneinander nutzen ziehen. Allah sagt: „Sind sie es, die die Barmherzigkeit Deines Herrn verteilen? Wir Selbst verteilen unter ihnen ihren Unterhalt im irdischen Leben, und Wir erhöhen einige von ihnen über die andern in den Rängen, auf dass die einen die andern in Pflicht nehmen mögen. Und die Barmherzigkeit deines Herrn ist besser als das, was sie aufhäufen."[43:32] Diese Unterschiede führen zu Aktivität in der Gesellschaft, so sa daß es Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt. Zum anderen anderen hat Allah es den Reichen zur Pflicht auferlegt, von dem, was sie von Allah bekommen haben den Armen zu geben, so daß eine islamische Gesellschaft z.B. durch die Zakat danach strebt, die natürlichen Unterschiede durch diesen sozialen Umverteilungsprozeß nicht zu groß werden zu lassen, damit die positive Eigenschaft der natürlichen Unterschiede nicht ins Gegenteil einer Versklavung eines Teils der Gesellschaft zum Vorteil einer kleinen Oberschicht wird. Ibn Abbas (r.) berichtet: „Der Prophet (s.a.s.) ensandte Mu'adh in den Yemen... in dem längeren Hadith kommt u.a. vor: daß Allah für sie eine Pflichtabgabe auferlegt hat, die von den Reichen von ihnen genommen wird und den Armen von ihnen gegeben wird." Dies berichteten Buchari und Muslim, wobei der obige Wortlaut von Buchari stammt. Werden diese islamischen Werte umgesetzt, dann wird ein soziales Gleichgewicht in der Gesellschaft erreicht.

In der Zeit der Propheten (s.a.s.) und zur Zeit der rechtschaffenen vor allem in der Zeit des Kalifats von Abu Bakr (r.) und Umar (r.) wurde durch die Umsetzung der islamischen Werte dieses Gleichgewicht gewahrt und es kam nicht zu einem gesellschaftlichen Konflikt aufgrund eines Auseinanderdriftens der Gesellschaft und somit zur Zerstörung der Einheit.



Effektivität der Umma durch eine ausgeglichene Lebensweise des einzelnen

Auch auf persönlichem Gebiet ist es für die Aktivität des Menschen am besten, wenn man weder in Luxus lebt, so daß man von seinen eigentlichen Aufgaben abgelenkt ist und eine gewisse Lähmung eintritt, und auch nicht in Armut, so daß man die ganze Zeit nur die Sorge hat, die persönlichen Dinge für sich und seine Familie zu beschaffen, und so nichts oder wenig zum Gemeinwohl beitragen. Und so führt die richtig verstandene Askese im Islam, wo man seinem eigenen Ego (arab. nafs) ein gewisses Recht gibt, zur größten Effektivität der Umma.



Gesellschaftliche Krise im rechtschaffenen Kalifat ab der 2. Hälfte des Kalifats von Uthman (r.)

Ab der zweiten Hälfte des Kalifats von Uthman (r.) kam es zu einer gesellschaftlichen Revolte, die zum Teil bedingt war durch die große Geschwindigkeit der islamischen Eroberungen, wo die Systeme der beiden großen Reiche – des Byzantinerreichs und des Perserreichs im Osten - zerstört wurden und große Reichtümer freiwurden. Der Umverteilungsprozeß kam dieser Geschwindigkeit nicht nach und dieses Problem wurde von staatlicher Seite anfangs nicht genügend Aufmersamkeit geschenkt. Allerdings ging Uthman (r.), der rechtschaffene Kalif, dieses Problem in den letzten beiden Jahren seiner Amtszeit sehr wohl an, jedoch war der gesellschaftliche Konflikt inzwischen zu groß und ging zudem über den rein wirtschaftlichen Aspekt hinaus. Nach der Ermordung von Uthman (r.) wurde die Lage noch komplizierter.

Auch der vierte Kalif Ali (r.) bekam die Lage nicht in den Griff und es führte schließlich zur sog. großen Fitna, dem Bürgerkrieg zwischen den Prophetengefährten. Trotz allen Problemen muss man sagen, daß zur damaligen Zeit im muslimischen Herrschaftsgebiet das gesellschaftliche Gleichgewicht http://www.phpaide.com/remove.php viel besser war als in anderen Gesellschaften zur damaligen Zeit, davor und danach und daß auf gesellschaftlicher Ebene trotz Bürgerkrieg viel erreicht wurde. Der Kalif Ali (r.) sorgte persönlich für die Armen und versuchte auch mit seiner eigenen asketischen Lebensweise so gut wie möglich eine Wohlfahrt für die Menschen zu sein. Einmal stand er im Finanzamt der Muslime und sagte: „O irdisches Leben (d.h. das Streben nach den Gütern des irdischen Lebens), ich habe dich dreimal geschieden!" (noch Quelle angeben).



Abweichung von der hundertprotzentigen Umsetzung der islamischen Werte in der Gesellschaft nach dem rechtschaffenen Kalifat

Insgesamt kann man sagen, daß die Abweichung von der hundertprotzentigen Umsetzung der islamischen Werte in der Gesellschaft recht früh in der islamischen Geschichte eingesetzt hat. Die resultierende Abweichung von der idealen Gesellschaft bestand in sozialer Ungerechtigkeit. Daß alles jedoch mit der Umsetzung der islamsichen Werte zu tun hat, kann man z.B. an folgender Überlieferung sehen: Es wird berichtet, daß ein Mann den Kalifen Ali (r.) fragte, warum es unter seinem Kalifat nicht so gut läuft wie früher, worauf der Kalif antwortete: „Damals bestand das normale Volk aus Leuten wie mich, und heute besteht es aus Leuten wie dich!"(noch Quelle angeben)

Im Zuge dieser Abweichung gab es große Ungerechtigkeiten und die Güter wurden sehr ungleich verteilt.



Reformversuche von oben (z.B. Umar ibn Abdulaziz und Nureddin Zengi (541-569 n.H.)) und von unten in der Geschichte

Im Gegenzug gab es im Laufe der Geschichte

1. eine Anzahl von Revolten, die von Teilen des Volkes ausgingen, und die soziale Gerechtigkeit forderten und

2. Perioden grundlegender Reformen von Regierungsseite aus, um die Gesellschaft wieder genau nach Quran und Sunna zu führen wie zur Zeit des rechtschaffenen Kalifats und

3. Reformbewegungen und Interessengruppen, die eine Verbesserung der Gesellschaft in verschiedenen Bereichen anstrebten

Als Beispiel für 1. seien die Armenrevolten der „Zitt" und „Zindsch" genannt, die sich zur Zeit des abbasidischen Kalifats im Südirak ereignete und die mehrere Jahrzehnte andauerte.

Als Beispiele für 2. seinen das Kalifat von Umar ibn Abdulaziz (r.) genannt, der fünfte der rechtschaffenen Kalifen und die Herrschaftszeit von Nureddin Mahmoud (Nureddin Zengi) (r.) (541-569 n.H.), dem Lehrer und Vorgänger von Salahuddin al-Ayyubi (r.), der Jerusalem von den Kreuzfahrern befreite.

Umar ibn Abdulaziz führte in seiner nur zwei Jahre andauernenden Regierungszeit das Kalifat zurück zum gerechten Sozialstaat. Durch Gerechtigkeit und die Schwerpunktlegung auf die Landwirtschaft wurden innere Konflikte vermieden und die staatlichen Ausgaben für die innere Sicherheit konnten drastisch reduziert werden und dem Volk zugute kommen.

Nureddin wußte, daß jede essentielle Verbesserung der Umma auf gesellschaftlicher Gerechtigkeit basiert, bei der es keinen Unterdrücker und keinen Unterdrückten gibt. Und so strebte er durch gesellschaftliche Erziehung und eigene Umsetzung danach.

Das Ergebnis der beiden Reformversuche von Umar und Nureddin brachten eine gerechte, soziale Gesellschaft hervor, wo die die Mitglieder sich gegenseitig unterstützten und wo alle in ihren grundlegenden Rechten gleichbehandelt wurden.

Als Beispiele für 3. seinen verschiedene Berufsverbände genannt, die sich ab dem 2. Jahrhundert nach Hidschra in den darauffolgenden Jahruhunderten ausbreiteten. Ebenso gehören einige Sufi-Gruppierungen dazu sowie z.B. in jüngster Geschichte die islamischen Bewegungen in den verschiedenen muslimischen Ländern wie z.B. die Muslimbruderschaft.

Ursachenbehandlung von Aufständen

Die Armenrevolten der „Zitt" und „Zindsch" im Süd-Irak zeigen anschaulich, wie die Dinge zusammenhingen. Damals war es so, daß diejenigen, die das Land bewirtschafteten, den ganzen Tag im Schlamm Schwerstarbeit verrichteten, um dann einen Dirham oder ein Brot für ihre Tagesarbeit vom Bodeneigentümer zu bekommen. Schließlich explodierte diese Ungerechtigkeit, die keinesfalls durch den Islam geduldet wird. Der folgende jahrzentelang andauernde Aufstand und das Chaos hatten weitreichende Auswirkungen auf das damalige abbasidische Kalifat. Es kam zum Teil zu Anarchie und Mord. Die eigentlichen Urheber der Morde, die von den Aufständischen verübt wurden, waren aber die ungerechten Bodeneigentümer, die die Arbeiter ausnutzten und quasi versklavten.



Ausnutzung solcher Krisen und Aufstände durch Feinde des islamischen Staates

In der Geschichte passierte es öfters, daß solche gesellschaftlichen Krisen und Aufstände bzw. Reformbewegungen durch Feinde des islamischen Staates ausgenutzt wurden, die dann versuchten, die vorhandenen Probleme auf den Islam überhaupt zurückzuführen und so einen Vorwand fanden, die Zerstörung des islamischen Systems zu propagieren. Eines der jüngsten Beispiele ist wohl die Türkei, wo Atatürk und seine Mitstreiter das Kalifat abschaffen konnten, indem sie die gesellschaftliche Schwäche der muslimischen Gesellschaft und die herrschende Ungerechtigkeit und Korruption, die durch die Entfernung von den Werten des Islam verursacht war, auf den Islam überhaupt zurückführten.
geschrieben am 01.09.2005
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Autor Samir Mourad

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